Freitag, 27. April 2018

Was ist neu an der ISO 9001:2015?





Die Norm ISO 9001:2015 wurde mit der Intention überarbeitet, einen höheren Praxisbezug herzustellen. Diese Zielsetzung hat umfangreiche Anpassungen mit sich gebracht, mit denen sich Unternehmen nun auseinandersetzen müssen. Die nachhaltigsten Veränderungen liegen in der tieferen Einbindung der Geschäftsführung in das QM, der Stärkung des Wissensmanagements, der Einführung eines Risikomanagements und der verpflichtenden Integration des QM in die unternehmerische Strategie. Für die Einführung der neuen Norm wurde eine Übergangszeit von drei Jahren festgesetzt. Es wird im QM-System jetzt also höchste Zeit für:

Die Einbindung in die strategische Ausrichtung
Die ISO 9001:2015 verlangt künftig die Integration des QM-Systems in die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Ziele und Politik des QM müssen also notwendigerweise mit der Unternehmensstrategie unter einen Hut gebracht werden. Das wird natürlich nur mit einer eingehenden strategischen Analyse funktionieren. Sowohl interne als auch externe Einflussfaktoren müssen dabei identifiziert und erfasst werden. Das gilt für gesetzliche und technische, oder beispielsweise auch für wettbewerbliche und soziale Belange.

Die Anpassung der Zielgruppen
Gemäß der neuen Norm müssen sich Unternehmen künftig die Frage stellen: Welche interessiertenParteien sind für das QM-System von Relevanz und welche Anforderungen haben diese? Die Frage muss für Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten genauso beantwortet werden wie für eventuelle Kooperationspartner und Kostenträger. Die ISO 9001:2015 fordert an dieser Stelle eine Verstärkung der Kundenorientierung durch die Erweiterung der Zielgruppen im QM. Dazu soll auch die Feststellung der Auswirkung relevanter Parteien auf Produkte und Dienstleistungen sowie deren Konformität beitragen. Alle Interessengruppen müssen im QM-System künftig stärker berücksichtigt werden.

Eine stärkere Gewichtung der Prozessorientierung
Mit einem systematischen Prozessmanagement soll nach der neuen Norm die Fehlervermeidung im Unternehmen optimiert werden. Dadurch werden wiederum kontinuierliche Verbesserungen einfacher zu verwirklichen sein. Zu den Maßnahmen gehören unter anderem die Identifizierung von Risiken und Chancen, welche sich auf die Erreichung der Ziele auswirken könnten, sowie die Darstellung von Leistungsindikatoren und erwarteten Ergebnissen. Prozesse, die einen Bezug zur Realisierung von Produkten oder Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit haben, sollen mit der neuen Norm in Zukunft eine noch stärkere Gewichtung erfahren.

Eine höhere Verantwortlichkeit der Geschäftsführung
Mit der Einführung der ISO 9001:2015 wird die Führungsebene stärker für die Umsetzung der Ziele des QM in die Pflicht genommen. Im Gegenzug verzichtet die überarbeitete Norm auf einen Qualitäts-Management-Beauftragten, dafür soll die Geschäftsführung mehr Verantwortung für das QMS und dessen Effizienz übernehmen. In das QM eingebundene Mitarbeiter müssen entsprechend angeleitet und eingesetzt werden, um das System wirksam unterstützen zu können. In der Praxis bringt das mehr Flexibilität bei der Verteilung von QM-Aufgaben ein.

Die Einführung eines Risikomanagements
Eine Neuerung innerhalb der Norm ist die Forderung nach einem systematischen Risikomanagement. Die ISO 9001:2015 verlangt erstmals die Identifikation, Analyse und Bewertung von Chancen und Risiken im QM. Das Resultat soll die Ausweisung von Gegenmaßnahmen sein, die in der Folge auch geplant und umgesetzt werden müssen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen muss kontrolliert werden. Die Realisation eines Risikomanagements legt die Norm in die Hände der Unternehmer, für die Umsetzung werden keine konkreten Vorgaben gemacht.

Einen systematischen Umgang mit Wissen
Auch für die Einführung eines systematischen Wissensmanagements werden von der ISO 9001:2015 keine Vorgaben zur praktischen Umsetzung gemacht. Das Ziel eines systematischen Umgangs mit Wissen soll sein, dass alle Mitarbeiter Zugang zu sämtlichen Fakten bekommen, welche für die Durchführung von Prozessen von Bedeutung sind. Dafür soll dieses Wissen gesammelt und permanent verfügbar gemacht werden. Jedes Unternehmen muss dafür eine individuelle Lösung finden, die zu den praktischen Gegebenheiten innerhalb der Organisation passt. Weiterbildungsmaßnahmen und die Weitergabe von Wissen älterer Mitarbeiter an die jüngere Generation im Unternehmen könnten beispielsweise Aspekte eines systematischen Wissensmanagements sein.

Die Verabschiedung des papiernen QM-Handbuchs
Bei der Dokumentation gewährt die ISO 9001:2015 den Unternehmen einen größeren Spielraum. Auf ein QM-Handbuch darf in Zukunft verzichtet werden, um die Dokumentation auf den neuesten technischen Stand bringen zu können. Hier wird eine papierlose QM-Dokumentation angestrebt und den Anforderungen der Digitalisierung Rechnung getragen. In der EDV abgespeicherte, sogenannte ‚dokumentierte Information‘ ersetzt dann die früheren ‚Dokumente und Aufzeichnungen‘.

Fazit
Der Geschäftsführung bringt die ISO 9001:2015 einerseits mehr Flexibilität, andererseits aber auch mehr Verantwortlichkeit ein. Wer die Neuerungen dazu nutzt, bisherige Strukturen zu hinterfragen und dadurch Weiterentwicklungen auf den Weg zu bringen, gewinnt auf lange Sicht an Praxisnähe im QM-System. Die bessere Einbindung in die strategische Organisation in Kombination mit der stärkeren Berücksichtigung von Chancen und Risiken rückt das QM noch konzentrierter in den Fokus der Unternehmensrealität. Der dadurch entstehende höhere Praxisbezug soll die Kundenzufriedenheit stärken, unter anderem indem das vorhandene Wissen als Kapital gesehen und effizienter gemanagt wird. Wenn Unternehmen alle diese Möglichkeiten nutzen, welche sich durch die überarbeitete Norm ergeben, gewinnen sie die Chance, mit den Anpassungen eine optimierte Marktpositionierung und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.

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