Kann eine schwäbische Hausfrau als Vorbild für die
Unternehmen unseres Landes dienen? Zu dieser Fragestellung möchte ich Ihnen
heute Frau Hägele vorstellen. Sie wohnt in einem Mehrfamilienhaus, ist dort
Hausmeisterin und lebt mit ihren vier Kindern in einer der Wohnungen. Die Art
und Weise, wie Frau Hägele ihre vielschichtigen Aufgabengebiete managed, könnte
nämlich in der Tat als Vorbild herhalten. Selbst unsere Kanzlerin hat den Wert
der schwäbischen Hausfrau ja schon längst erkannt und ihn bereits in
zahlreichen Zitaten hochgehalten. Wer Frau Hägele kennt, weiß warum. Lernen wir
sie also ein wenig näher kennen.
Das Regiment der Frau
Hägele
Im Hausflur bei Frau Hägele kann man lange nach Schmutz
suchen. Man wird nicht fündig werden. Warum? Nun, das liegt natürlich an der
schwäbischen Kehrwoche. Einerseits. Denn daran sind ja mehrere Parteien
beteiligt und es liegt an der Gründlichkeit der einzelnen Protagonisten, wie
sauber die regelmäßigen Arbeiten ausgeführt werden. Andererseits liegt es an
Frau Hägele, die in diesem Haus das Regiment führt. Denn Schlampigkeit duldet
sie keinesfalls. Aber wie erreicht die fleißige Hausmeisterin einen durchweg
sauberen Flur? Nun, sie kennt ihre Pappenheimer und hat stets ein Auge auf
deren Gründlichkeit. Frau Hägele kontrolliert nicht nur wöchentlich, dass die laut Kehrwochenverordnung
erforderlichen Arbeiten ausgeführt wurden, sondern auch wie. Die gewitzte Schwäbin geht aber nicht nur bei den Nachbarn
klingeln, wenn gemäß ihren strengen Maßgaben etwas nicht in Ordnung ist. Sie
spricht diese durchaus auch an, wenn besonders gut geputzt wurde. Die pfiffige Frau
Hägele spart nicht mit Lob und steht dann und wann auch mal mit einer Tafel
Schokolade für die Kinder vor der Tür. Deshalb nimmt auch niemand im Haus ihre
Kritik übel. Denn die Bewohner schätzen Frau Hägele und die dauerhafte
Sauberkeit im ganzen Haus, die sie ihr zu verdanken haben.
Nicht anders geht es in Frau Hägeles eigenem Haushalt zu,
den sie mit ihrem Mann und den vier Kindern bewohnt. Selbstverständlich werden
die Kinder in die Pflege der Wohnung mit einbezogen, Faulheit wird im Hause
Hägele nicht geduldet. Jedes Familienmitglied hat seine speziellen Aufgaben zu
erledigen. Diese wurden nach Neigungen und Vorlieben unter Mitspracherecht der
Beteiligten verteilt. Auch der Ehemann wurde da nicht verschont. Das Ergebnis
überzeugt. Bis auf wenige Ausnahmen klappt Frau Hägeles Haushaltsplan. Die
Kinder kommen ihren Aufgaben in der Regel unaufgefordert nach und bemühen sich
dabei um Perfektion. Sie kennen die hohen Ansprüche ihrer Mutter und wissen,
dass sie ohnehin nacharbeiten müssten, wenn sie schlampig vorgehen würden.
Andererseits locken Lob und Belohnung, wenn sie ihre Sache gut machen.
Frau Hägele ist im ganzen Haus der unangefochtene Chef in
Sachen Sauberkeit, sowohl vor als auch hinter ihrer Wohnungstür. Sie führt ein
strenges Regiment und duldet weder Schmutz noch Staub. Trotzdem hat sie ein
freundschaftliches Verhältnis zu Familie und Nachbarn, denn sie ist eine gütige
Frau und hat immer ein offenes Ohr für ihre Mitmenschen. Wenn eine Nachbarin
krank ist, übernimmt sie gerne deren Kehrwoche. Und wenn einer der Bewohner
eine Anregung oder Kritik bezüglich der Reinhaltung des Hauses hat, nimmt Frau
Hägele das stets ernst. So konnte die eine oder andere Vorgehensweise bereits
optimiert werden. In den Häusern der Umgebung käme kein Nachbar auf die Idee,
Verbesserungsvorschläge bezüglich der Kehrwoche zu machen. Bei Frau Hägele
schon.
So geht
Qualitätssicherung
Wenn man Frau Hägele fragen würde, wie Qualitätssicherung
geht, dann würde sie wahrscheinlich große Augen machen. Sie hätte bestimmt
keine passende Antwort parat. Obwohl Frau Hägele besser weiß, wie
Qualitätssicherung geht, als so mancher Unternehmer. Sie fragt bloß nicht
danach, sondern macht es einfach.
Frau Hägele ist ein leuchtendes Beispiel in Sachen KVP, auch
wenn sie selbst noch nie etwas davon gehört hat. Ohne sich dessen bewusst zu
sein, setzt sie die Grundprinzipien des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
ganz selbstverständlich in die Praxis um. Frau Hägele nutzt das
Human-Potenzial, das ihr zur Verwirklichung ihrer reinlichen Ziele zur
Verfügung steht, optimal aus. Sie setzt Kinder und Ehemann genau dort ein, wo
sie am besten funktionieren. Und motiviert die Nachbarn perfekt für eine
gründlich ausgeführte Kehrwoche. Aber Frau Hägele geht noch weiter. Sie nimmt
die Verbesserungsvorschläge aller Beteiligten ernst, macht sich Gedanken
darüber und setzt diese, wenn sie es für sinnvoll erachtet, auch um. Gegen die
Anschaffung einer Kehrmaschine hatte sie sich beispielsweise innerlich zunächst
gesträubt, die Idee aber offen entgegen genommen. Dann diskutierte sie die
Angelegenheit mit einem Hausmeister aus der Nachbarschaft und bat ihn, dessen
Kehrmaschine einmal ausprobieren zu dürfen. Die schnellere und gründlichere
Erledigung der Kehrarbeit vor dem Haus überzeugte sie sogleich.
Ein Naturtalent der
Qualitätssicherung
Man könnte meinen, Frau Hägele habe erst kürzlich an einem
KVP-Lehrgang teilgenommen. Weit gefehlt – die schwäbische Hausfrau ist ein
Naturtalent in Sachen Qualitätssicherung. Intuitiv handelt sie nach den
Vorgaben der ISO 9001:2015 und würde vermutlich mit links eine Zertifizierung
hinbekommen, wenn es die für Kehrwoche & Co denn gäbe. Die Fehlervermeidung
hat sie jedenfalls drauf. Im Haus von Frau Hägele kehren alle Nachbarn nach
ihren Vorgaben und haben anfängliche Fehler längst ausgemerzt. Abweichungen vom
Plan duldet die schwäbische Hausmeisterin nicht im kleinsten Detail, wenn nötig
zeigt sie einzelnen Nachbarn selbst, wie richtig geputzt wird, und leitet diese
freundlich aber bestimmt an. Mit anderen Worten: Frau Hägele übernimmt die
volle Verantwortung für die Putzqualität im Hause, ganz so, wie es die Norm
verlangen würde.
Das Qualitätsmanagement der Schwäbin ist auf permanente
Optimierung der Putzprozesse ausgerichtet. Am Beispiel der Kehrmaschine sieht
man, wie gut das im Zusammenspiel aller Hausbewohner funktioniert. Frau Hägele
handelt nicht nur im Sinne von KVP, bei ihr kommt auch das
Qualitätsmanagement-Prinzip PDCA erfolgreich zur Anwendung. Als sie hier einzog
und die Hausmeistertätigkeit übernahm, hat sie gemäß P wie Plan eine komplette
Ist-Analyse vorgenommen und dafür mit allen Hausbewohnern gesprochen. Jetzt
wusste Frau Hägele über alles genauestens Bescheid und konnte zum Buchstaben D
wie Do übergehen. Ihre sorgfältig ausgearbeitete Kehrwochenverordnung stellte
sie allen Beteiligten persönlich vor und sorgte in der Folge mit Akribie für
deren korrekte Umsetzung. Einen Check nach jedem Putzvorgang durchzuführen ist
für Frau Hägele ohnehin selbstverständlich, sie hat immer alles im Blick und
die Kehrwochenergebnisse stets unter Kontrolle. So war der letzte Act für die
Hausmeisterin ein Kinderspiel. Denn die Standardisierung der im Haus durchgeführten
Sauberkeitsoffensive gelang ihr durch freundlichen Nachdruck, ein bisschen
Tadel und viele kleine Belohnungen. So ist Frau Hägele eben. Immer gründlich,
nie nachlässig und äußerst bestimmt. Und bauernschlau.
Mach´s wie Frau
Hägele
Warum fällt es den meisten Unternehmern eigentlich so
schwer, ein gut funktionierendes Qualitätsmanagement in die Tat umzusetzen? Warum
können theoretisch bestens ausgebildete Qualitätsmanager nicht, was Frau Hägele
kann? Genau diese Frage möchte ich hier in den Raum stellen: Warum schaffen Sie
als Unternehmer nicht, was einer einfachen schwäbischen Hausfrau ganz von
selbst zu gelingen scheint? Ihnen steht eine Vielzahl an Tools und Methoden zur
Verfügung, Sie haben wahrscheinlich unzählige Seminare besucht. Warum also
klappt in Ihrem Betrieb nicht, was im Haus von Frau Hägele so reibungslos
vonstatten geht? Sicher, ein Unternehmen ist kein Haushalt, Sie haben es mit
wesentlich zahlreicheren und viel komplizierteren Prozessen zu tun als eine
schwäbische Hausmeisterin. Aber die Prinzipien sind exakt dieselben. Wenn Sie
also die Vorgehensweise Frau Hägeles in jeder Abteilung, in jedem
Prozessbereich und an jedem Arbeitsplatz anwenden würden, also in jeder
Keimzelle Ihres Unternehmens, dann stünde Ihr Laden mit hoher
Wahrscheinlichkeit besser da als jetzt. Probieren Sie es aus. Oder brauchen Sie
Frau Hägele als Unternehmensberaterin?
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