Die ABC-Personal-Strategie kann man nicht gerade als gescheitert oder auslaufendes Modell bezeichnen, im Gegenteil. Sie hat sich in unzähligen Fällen als richtig und gut herausgestellt. Dass ausgerechnet die Premium-Marke Mercedes nun einen anderen Weg einschlagen will, überrascht … um es dezent zu formulieren.
Was ist die
ABC-Personal-Strategie?
Am
einfachsten lässt sich die ABC-Personal-Strategie mit dem Pareto-Prinzip
vergleichen, nach dem 20 Prozent der Mitarbeiter 80 Prozent des Erfolges
ausmachen. Diese 20 Prozent sind selbstverständlich die A-Mitarbeiter innerhalb
der ABC-Strategie. Wie sich die verbleibenden 80 Prozent verteilen – also wie
viele B- und C-Mitarbeiter welchen Anteil am Erfolg haben -, lässt sich so oder
so berechnen. Fakt ist aber, dass es Leistungsunterschiede beim Personal gibt.
Dieses Wissen zu ignorieren, wird erstens der Sache nicht gerecht. Und führt
zweitens in eine Sackgasse – um einmal im Bild des Autos zu bleiben.
„Wir haben
alle Mitarbeiter gleich lieb!“
Ist das so?
Wenn ja, dann gibt es ein sachliches und ein emotionales Problem. Sachlich,
weil es kein Unternehmen gibt, in dem alle Mitarbeiter die gleiche Leistung
bringen. Genau genommen verbietet das schon die Biologie, denn wir sind
Individuen, und die haben die Angewohnheit, sich durch Unterschiede zueinander
auszuzeichnen.
Ein
emotionales Problem liegt vor, weil man sich in die eigene Tasche lügt, wenn
man jeden Mitarbeiter gleich „lieb“ hat. Denn das gibt es nicht, und wenn man
noch so viele Fortbildungen und Seminare mit dem Thema „Wie habe ich meine
Mitarbeiter alle gleich lieb“ belegt.
Man merkt,
dass das Sachliche und das Emotionale nah beieinanderliegen. Und im Grunde ist
das recht einfach zu verstehen. Die Begegnung mit einem Menschen, den wir zuvor
noch nie gesehen haben, macht das deutlich. Denn bei der ersten Begegnung
spielen immer Sympathie und Antipathie eine Rolle, davon kann sich niemand
freimachen. Wer allen Ernstes die steile These wagt, allen Menschen, die er
trifft, gleichsam freundlich gesinnt zu sein, belügt sich selbst. Aber das viel
größere Problem, wenn wir das auf Unternehmen übertragen, ist noch ein wenig
brisanter.
Wie man
A-Mitarbeiter demotiviert
Wilfried
Porth ist der Personalchef bei Mercedes-Benz. Und er verfolgt einen tollkühnen
Plan. Man könnte auch sagen: einen ziemlich unsinnigen Plan. Denn Porth will
die persönlichen Zielvereinbarungen abschaffen, es hält sie für überflüssig. Er
habe keine Lust mehr, mit Mitarbeitern darüber zu streiten, ob sie mit ihrer
Zielerreichung bei 100, 110 oder 120 Prozent lägen. Wichtig, so Porth, sei doch
schließlich nur, dass das Unternehmen gutes Geld verdiene. Der Erfolg der Teams
käme natürlich noch dazu.
Kann man so
sehen. Muss man aber nicht. Wenn man allerdings A-Mitarbeitern die Lust nehmen
möchte, ihre Leistungsbereitschaft zu erhalten oder gar zu steigern, dann macht
Porth alles richtig.
Leistung muss
sich lohnen!
Es ist ja
klar: Wenn Mitarbeiter besondere Leistungen bringen, müssen diese belohnt
werden. Die Belohnungsform ist dabei zweitrangig, sie muss den Mitarbeiter
ansprechen und ein Gefühl der Wertschätzung erzeugen. Kurz und gut: sie muss
ihn erreichen.
Auf diesem
Hintergrund ist das, was Wilfried Porth antreibt, nur schwer zu verstehen. Denn
was er erreichen wird, ist das genaue Gegenteil von Belohnung oder
Wertschätzung. Vielmehr betreibt er eine Art Gleichmacherei, die fatale
Auswertungen haben kann. Ein A-Mitarbeiter weiß, dass er ein A-Mitarbeiter ist.
Möglicherweise bezeichnet er selbst sich nicht so, aber dass er eine besondere
Stellung hat und innerhalb der Wertschöpfungskette ein wichtiges Glied ist, das
weiß er definitiv. Erfährt er dafür nicht die Anerkennung, die er braucht, wird
seine Motivation schneller nach unter sinken als ein Lämmlein mit dem Schwanz
wackeln kann. Aus einem Mitarbeiter, der wesentlich mehr leistet als andere
Kollegen, wird dann ein „Dienst-nach-Vorschrift-Mitarbeiter“, der im besten
Fall immer noch überdurchschnittlich arbeitet. Im schlimmsten Fall erledigt
sich der Fall auf eine andere Art: der A-Mitarbeiter sucht das Weite und findet
woanders sein Glück.
Was erlauben
Porth?
Überhaupt
muss man fragen dürfen, was sich Wilfried Porth denkt, wenn er „alle gleich
lieb“ haben will. Er wird aus einem C-Mitarbeiter keinen A-Mitarbeiter machen,
allenfalls aus einem A-Mitarbeiter ein B- oder – schlimmer noch – einen
C-Mitarbeiter. Man könnte zwar argumentieren, dass er innerhalb des
Unternehmens weniger Konkurrenz und Neid und Missgunst entstehen, wenn die
Abstufung abgeschafft wird. Doch alle drei Attribute gibt es in jedem größeren
und großen Unternehmen, das liegt am Menschen, daran, dass er ist, wie er ist.
Eine C-Klasse
ist eine C-Klasse, niemand bei Sinnen würde auf die Idee kommen, sie als B-
oder A-Klasse zu bezeichnen. Die Form ist anders, die Eigenschaften sind
anders, die Ausstattungen, die Motorisierung, alles anders. Und so soll es ja
auch sein, sonst bräuchte ein Autobauer keine unterschiedlichen Modelle. Das
Modell der A-, B- und C-Mitarbeiter mag nicht jedem gefallen. Es ist aber ein
Fakt, den man nicht wegwischen kann. Schon gar nicht, indem man sich zu Augen
zuhält.
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