Dienstag, 21. November 2017





Little Service - Big Trouble 

Sie wollen sich mal wieder so richtig deftig ärgern? Dann holen Sie sich doch mal ein Auto bei der XY-Leasing! Falls das Geschäft nicht reibungslos ablaufen sollte, haben Sie da nicht nur die Garantie auf eine satte Portion Ärger, Sie dürfen sich auch auf dauerhafte Unverschämtheiten von Seiten des Personals freuen. Und dabei müssen Sie als Kunde nicht einmal selbst schuld sein an den Unregelmäßigkeiten. Schon wenn Sie wegen offensichtlicher Fehler der Leasinggesellschaft reklamieren, weht Ihnen bei XY der heiße Wind einer Servicewüste entgegen, die sich nicht mal der erfahrenste Reklamationsabwimmler träumen lassen würde. Wenn Sie also in diesem Business tätig sind, dann können Sie hier noch viel dazulernen.

Reklamationsmanagement auf Wrestling-Niveau
Wenn Sie sich auch mal wie der Ultimate Warrior, The Undertaker, King Kong Bundy, The Mongolian Stomper oder Bruiser Brody benehmen wollen, sollten Sie eine Laufbahn im Reklamationsmangement bei XY in Betracht ziehrn. Das sind die illustren Namen von echten Kerlen, die damit Geld verdienen, ihre Kontrahenten auf der Bühne zu verkloppen. Fast so wie die Reklamationsmanager von XY-Leasing, nur stehen die nicht auf der Bühne und haben wahrscheinlich auch keine Fangemeinde. Vermutlich geben sie sich auch nicht so niedliche Nicknames. Es könnte jedoch gut sein, dass ihre Klientel sie mitunter ähnlich betitelt. Denn Reklamationen werden bei XY ganz nach Wrestler-Manier bearbeitet. Ein Schlag ins Gesicht ist da noch das Beste, was einem als Kunden passieren kann. Rein verbal natürlich. Dabei sind die Führungskräfte der Reklamationsabteilung aber genauso wenig zimperlich wie Bruiser Brody oder King Kong Bundy.

Die Wrestling-Akademie der Führungskräfte
Wie kommt es zu so einem kundenfeindlichen Verhalten, mögen Sie sich vielleicht jetzt fragen. Nun, einen langjährigen Fan zum erbitterten Feind zu machen, ist natürlich nicht so ganz einfach. Um das zu bewerkstelligen benötig sogar der arroganteste Chef ein entsprechendes Führungskräftecoaching. Denn was ein echter Coach ist, der ist auch ein vorangehendes Beispiel und anschauliches Vorbild als blasierter Fatzke, der vorgibt, die Serviceweisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Wenn er die nun häppchenweise an lernwillige Führungskräfte weitergibt, dann will er dafür natürlich fürstlich entlohnt werden. Und das wird er auch. Denn Unternehmen wie XY schicken ihre besten Leute in seine Seminare. Die kommen dann als genauso selbstherrliche Snobs an ihren Schreibtisch zurück, wie sie es durch ihr coachendes Idol vorgemacht bekommen haben. Und los geht´s mit dem wrestlinggestützten Reklamationsmanagement. Bühne frei für den Ultimate Warrior und den Undertaker. Die warten nur darauf, dass ein unzufriedener Kunde anruft. Also, wenn Sie richtig Ärger haben wollen – wählen Sie genau diese Nummer.

Worum geht´s eigentlich?
Sie erinnern sich? Es geht um die Geschichte der Frau Kundin, deren korrekt zurückgegebenes Leasingfahrzeug vier Wochen lang unabgemeldet auf dem Hof des Autohauses stand. Selbstverständlich fand die Frau Kundin die Kosten für die dort entstandenen Schäden auf ihrer Abschlussrechnung wieder. Schließlich hatte sie es ja auch mit den führungsgeschulten Reklamationsmanagern der XY-Leasing zu tun. Und die wollten ihrem Ruf als Customer Catcher natürlich alle Ehre machen. Denn was könnte dem Image eines wrestlingkonformen Reklamationsbearbeiters mehr schaden als allzu zahme Kundenkommunikation? Mehr an seiner Wrestler-Ehre könnte Reclamation Rowdy vermutlich nur dann kratzen, wenn er aus Versehen einen Fehler zugeben würde. Aber das steht ja keinesfalls zu befürchten.

Fortsetzung folgt
Aber Ihnen wurde ja nicht nur reichlich Ärger versprochen, sondern auch dauerhafte Unverschämtheiten. Natürlich kann das Wrestling-Team von XY-Leasing auch damit dienen. Denn die Geschichte der Frau Kundin geht weiter. Sie wollen eine Story mit harter Action und fiesem Schlagabtausch hören? Lesen Sie! In der nächsten Runde tritt die Frau Kundin gegen Sacking Saw an. Eine filmreife Geschichte mit allem, was der Wrestling-Fan liebt, von Slapstick über Fausthiebe ins Gesicht bis hin zu Schlägen unter die Gürtellinie. Selbstverständlich alles auf verbaler Ebene. Aber dadurch nicht weniger amüsant.

Auf der Bühne steht neben der Frau Kundin besagter Sparringpartner aus der Abteilung Kundenservice. Wie alles hier Geschriebene ist das tatsächlich KEIN Witz, sondern ernste alltägliche Realität in der windigen Wüste der XY-Kundenkommunikation. Und weil der Frau Kundin dieser Wind in letzter nur zu oft um die Nase geweht war, bereitete sie sich auf das Telefonat mit Herrn Säge entsprechend vor. Dafür beschäftigte sie sich mit den Inhalten der bei XY-Leasing üblicherweise gebuchten Kommunikations-Seminaren eines bekannten deutschen Coaches. Danach standen ihr die Haare so sehr zu Berge, dass sie beinahe wie ein Rüde mit Imponiergehabe in das Gespräch gegangen wäre. Da sie sich aber nicht auf das Niveau begeben wollte, welches ihr aus ihren bisherigen Gesprächen mit der XY-Leasing schon hinlänglich bekannt war, gönnte sie sich vor dem Anruf noch eine kurze Kaffeepause. So, noch einmal durchschnaufen und die Nummer gewählt.

Aber warum wollte die Frau Kundin überhaupt so ein potentiell unerfreuliches Gespräch in Angriff nehmen? Nun, sie hatte Post von Herrn Säge erhalten. Mit dem Ziel, eine partnerschaftliche und einvernehmliche Lösung zu finden, hatte dieser in seinem Brief ein Kulanzangebot gemacht. Das Stichwort Slapstick hat Ihnen also nicht zu viel versprochen. Warten Sie´s ab. Im Zusammenhang mit dem Zustand des zurückgegebenen Fahrzeugs war da von Qualitätsstandard die Rede. Ja, genau dieses Wort hat Herr Säge tatsächlich in seinem Schreiben benutzt. Also, wenn man das nicht alleine schon Slapstick nennen kann. Zwar wollte der freundliche Service-Spezialist den entstandenen Hagelschaden nun nicht mehr der Frau Kundin anlasten, jedoch spricht er von anderen Minderwerten, die nun mit der schon allerlängstens überfälligen Kilometergutschrift verrechnet werden sollten. Das Kulanzangebot sah eine Kundenbelastung der Minderwerte in Höhe von 50 Prozent vor. Sie werden sich bestimmt nicht darüber wundern, dass die Frau Kundin keineswegs bereit war, die Hälfte für irgendwelche Schäden zu bezahlen, die sie gar nicht verursacht hatte.

Im folgenden Telefonat erklärte sie dem Kundenservice-Chef also noch einmal, dass ihr Auto nach der Übergabe vier Wochen lang auf dem Hof gestanden hatte. Allein durch die in diesem Zeitraum nicht erfolgte Abmeldung waren ihr weitere Kosten entstanden. Des Weiteren war das Fahrzeug aufgebrochen und das Navigationssystem entwendet worden, wobei die genannten Minderwerte entstanden waren. Herr Säge war auf solche Beschwerden natürlich vorbereitet und nahm sofort die Wrestling-Position ein. Sein erster Satz lautete denn auch: Das ist nicht unser Problem. Die Frau Kundin fühlte sich in die 80er Jahre zurückversetzt. Sollte es tatsächlich angesichts moderner Entwicklungen wie Digitalisierung und Industrie 4.0 in großen Unternehmen wie XY noch solche Kommunikationsversager geben? Befand der Konzern sich etwa schon im Selbstzerstörungsmodus? Auf einem sinkenden Schiff mit Namen Saumäßiger Service und einem selbstverliebten Käptn Käs, mit dem die Frau Kundin es gerade am Telefon zu tun hatte? Das hätte sie selbst bei XY nicht für möglich gehalten. So beendete sie das Gespräch mit Herrn Säge schnell und gab die Angelegenheit an ihren Anwalt weiter. Ein weiterer Bericht über das Telefonat wäre weder amüsant noch aufschlussreich. Der eine Satz des Herrn Säge reicht hier als Pointe hier völlig aus.

Fazit
Und die Moral von der Geschicht – Schul Führungskräfte nicht? Nein, das kann natürlich nicht die Lehre sein, die der Wind der XY-S
ervicewüste zu uns herüber weht. Allerdings sollten sich die Firmenbosse als ehemalige BWL-Studenten schon mal daran erinnern, was sie damals mal an der Uni gelernt haben. Ob sie sich wohl an Stichworte wie beispielsweise Kundenbindung zurückerinnern? Angesichts dieser Leasinggeschichte möchte man es nicht meinen. Den zitierten Qualitätsstandard werden sie jedenfalls mit ihren Wrestling-Methoden nicht hinbekommen. Dafür wird es nötig sein, den gesamten Prozess zu beleuchten, wenn mal etwas schief läuft. Sätze wie ‚Das ist nicht unser Problem‘ werden dazu ganz bestimmt nicht beitragen. Quo vadis, XY-Leasing? Grüß uns die Titanic!


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