Aus der Perspektive des Qualitätsmanagements sind die
chaotischen Verhältnisse der deutschen Fußball-Bundesliga leicht erklärbar.
Wenn es in der Führung kriselt, ist der gesamte Verein in Gefahr.
Was für eine Saison!
Bayern ist gestern vorzeitig Deutscher Meister geworden. So
weit, so gut. Das ist Normalbetrieb im deutschen Fußball. Zum 25. Mal kommt der
Titel nach München. Aber ansonsten gab es in dieser Saison Chaos, Unordnung und
Aufregung in vielen Vereinen. Die Trainer wechselten im Wochentakt. Ärzte
schmissen eingeschnappt hin. Auf zahlreichen Pressekonferenzen verbogen sich
viele Manager und andere Verantwortliche, um später falsch zitiert zu werden.
Es gab viel Zoff. Viel böses Blut. Und in einigen Vereinen geht es mittlerweile
wirklich um die bloße Existenz. Der Druck der Medien ist größer geworden. Auch
die Fans vieler Vereine haben höhere Ansprüche und reagieren nicht selten mit
Drohungen und offener Gewalt. Die Kommunen sind notorisch klamm und wollen die
Bundesliga-Gelder auf keinen Fall verlieren. In der laufenden Saison 2014/15
hat sich die Bundesliga als Hexenkessel gezeigt. Und es ist anzunehmen, dass
die Situation in den nächsten Jahren nicht leichter, sondern schwieriger wird.
Deshalb ist es an der Zeit, die Vereine auch einmal als Unternehmen, als
Organisationen aus der Sicht des Qualitätsmanagements betrachten. Und es ist
offensichtlich, dass diese Perspektive zeigen kann, wo genau es oft hapert und
was eindeutig besser gemacht werden kann.
Die Prinzipien des Qualitätsmanagements
Das Qualitätsmanagement geht davon aus, dass es vor allem
auf die Führung ankommt. Wenn es oben stimmt, stimmt es auch unten.
Entscheidungen werden von der obersten Leitung nach unten delegiert. Bevor
diese Entscheidungen getroffen werden, wurde die Situation eindeutig anhand von
Daten und Fakten analysiert. Das heißt, die Entscheidung ist gut, und sie wird
auch durchgezogen. Das heißt, man rudert nicht nach drei Tagen zurück, sondern
steht zu dem Beschluss, weil es der richtige Beschluss war. Man versucht zu verhindern,
dass Unruhe in die Organisation kommt. Deshalb sind die einmal gefassten
Beschlüsse zumindest für ein Quartal zu halten. Ein weiteres Prinzip des
Qualitätsmanagements ist der Fokus auf die Kundenzufriedenheit. Wer sind die
Kunden der Bundesligavereine? Sind es die normalen Fans? Die Kommunen? Die
Medien? Die Sponsoren? Wer muss zufriedengestellt werden, damit das Konzept
greift? Am besten alle gleichzeitig. Das heißt, die Organisation muss
funktionieren. Die Ergebnisse müssen stimmen. Und das kann nur eine souveräne
Führung erreichen, die das richtige Personal an der richtigen Stelle einsetzt, die
diesem Personal aber auch gleichzeitig genug Freiraum zur Entfaltung lässt. Es
kommt also unbedingt auf die Führung an.
Unklare Zuständigkeiten erhöhen die Verwirrung
Wenn im ersten Prinzip davon ausgegangen wird, dass es in
einer Organisation auf die Führung ankommt, dann muss natürlich jederzeit
sonnenklar sein, wer genau diese Führung ist. Bei den Bundesligavereinen im
Chaos-Zustand kann man meist ein gewisses Führungsversagen feststellen. Und der
Hauptgrund für dieses Versagen sind die oft völlig unklaren Zuständigkeiten.
Wer ist denn die oberste Leitung in einem Bundesligaverein? Normalerweise
sollte das der Präsident sein, aber was ist mit dem Trainer? Wessen Wort hat
mehr Gewicht? Was ist, wenn der Trainer ein gottgleicher Super-Trainer ist?
Lässt der sich dann auch noch vom Manager reinreden? Was ist, wenn über, hinter
und neben dem Vereinspräsidenten ein starker Sponsor oder Mäzen steht, auf dessen
Gelder der Verein unbedingt angewiesen ist? Was passiert, wenn sich in
sportliche Entscheidungen Personen einmischen, die vom Sport eigentlich nichts
verstehen? All diese Probleme konnten wir im Bundesliga-Fußball dieser Saison
beobachten. Der Schluss aus Sicht des QM-Managements lautet: Es kommt auf die
Führung an, deshalb muss zunächst klar sein, wer genau die Führung ist und wer
genau welche Position mit welchen Zuständigkeiten besetzt.
Vereinsmanagement ist kein Sport
Im Fußball treffen zwei Prinzipien aufeinander, die sonst
eigentlich getrennt sind. Auf dem Platz findet der Sport statt. Hier gelten die
Regeln des reinen Leistungsprinzips. Wer gerade stark spielt, bekommt den
größten Respekt. Wer eine schwache Vorstellung abliefert, wird ausgewechselt.
Das kann aufgrund von Verletzungen oder körperlichen Besonderheiten sehr
schnell gehen. Auch Glück spielt auf dem Rasen eine große Rolle. In der
Vereinsführung jedoch gelten andere Prinzipien. Hier wird der Manager nicht
ausgewechselt, weil er eine Grippe hat. Hier feuert man nicht den Trainer, weil
das letzte Spiel knapp mit 0:1 verloren wurde. Hier überstimmt nicht der
Sponsor aus der Bankenwelt den sportlichen Leiter in sportlichen Fragen. Für
das Management eines Bundesliga-Vereins gelten die Regeln, die für das
Management aller anderen Organisationen auch gelten. Das Problem beim Fußball
ist nun aber, dass sich oft die puren Leistungsregeln der Spieler auch auf das
Management übertragen. Und dieses Phänomen führt zu dem bekannten Chaos. Auf
dem Platz muss daher ein anderes Prinzip gelten als in der Vereinsführung. Wenn
das klar begriffen wird, kann auch in sehr hektischen Zeiten ein
Bundesligaverein ruhig und souverän geführt werden. Wir werden in dieser Saison
noch an vier Spieltagen deutlich sehen können, wo es hakt und was viel besser
gemacht werden kann: Es kommt auf die Führung an. Es muss deshalb klar sein,
wer die Führung ist und wer wofür zuständig ist. Und für das Management eines
Vereins müssen ganz andere Regeln gelten als für die Spieler auf dem Platz.
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