Donnerstag, 30. April 2015

Chaos in der Bundesliga:Der Fisch stinkt tatsächlich vom Kopf




Aus der Perspektive des Qualitätsmanagements sind die chaotischen Verhältnisse der deutschen Fußball-Bundesliga leicht erklärbar. Wenn es in der Führung kriselt, ist der gesamte Verein in Gefahr.

Was für eine Saison!

Bayern ist gestern vorzeitig Deutscher Meister geworden. So weit, so gut. Das ist Normalbetrieb im deutschen Fußball. Zum 25. Mal kommt der Titel nach München. Aber ansonsten gab es in dieser Saison Chaos, Unordnung und Aufregung in vielen Vereinen. Die Trainer wechselten im Wochentakt. Ärzte schmissen eingeschnappt hin. Auf zahlreichen Pressekonferenzen verbogen sich viele Manager und andere Verantwortliche, um später falsch zitiert zu werden. Es gab viel Zoff. Viel böses Blut. Und in einigen Vereinen geht es mittlerweile wirklich um die bloße Existenz. Der Druck der Medien ist größer geworden. Auch die Fans vieler Vereine haben höhere Ansprüche und reagieren nicht selten mit Drohungen und offener Gewalt. Die Kommunen sind notorisch klamm und wollen die Bundesliga-Gelder auf keinen Fall verlieren. In der laufenden Saison 2014/15 hat sich die Bundesliga als Hexenkessel gezeigt. Und es ist anzunehmen, dass die Situation in den nächsten Jahren nicht leichter, sondern schwieriger wird. Deshalb ist es an der Zeit, die Vereine auch einmal als Unternehmen, als Organisationen aus der Sicht des Qualitätsmanagements betrachten. Und es ist offensichtlich, dass diese Perspektive zeigen kann, wo genau es oft hapert und was eindeutig besser gemacht werden kann.

Die Prinzipien des Qualitätsmanagements


Das Qualitätsmanagement geht davon aus, dass es vor allem auf die Führung ankommt. Wenn es oben stimmt, stimmt es auch unten. Entscheidungen werden von der obersten Leitung nach unten delegiert. Bevor diese Entscheidungen getroffen werden, wurde die Situation eindeutig anhand von Daten und Fakten analysiert. Das heißt, die Entscheidung ist gut, und sie wird auch durchgezogen. Das heißt, man rudert nicht nach drei Tagen zurück, sondern steht zu dem Beschluss, weil es der richtige Beschluss war. Man versucht zu verhindern, dass Unruhe in die Organisation kommt. Deshalb sind die einmal gefassten Beschlüsse zumindest für ein Quartal zu halten. Ein weiteres Prinzip des Qualitätsmanagements ist der Fokus auf die Kundenzufriedenheit. Wer sind die Kunden der Bundesligavereine? Sind es die normalen Fans? Die Kommunen? Die Medien? Die Sponsoren? Wer muss zufriedengestellt werden, damit das Konzept greift? Am besten alle gleichzeitig. Das heißt, die Organisation muss funktionieren. Die Ergebnisse müssen stimmen. Und das kann nur eine souveräne Führung erreichen, die das richtige Personal an der richtigen Stelle einsetzt, die diesem Personal aber auch gleichzeitig genug Freiraum zur Entfaltung lässt. Es kommt also unbedingt auf die Führung an.


Unklare Zuständigkeiten erhöhen die Verwirrung

Wenn im ersten Prinzip davon ausgegangen wird, dass es in einer Organisation auf die Führung ankommt, dann muss natürlich jederzeit sonnenklar sein, wer genau diese Führung ist. Bei den Bundesligavereinen im Chaos-Zustand kann man meist ein gewisses Führungsversagen feststellen. Und der Hauptgrund für dieses Versagen sind die oft völlig unklaren Zuständigkeiten. Wer ist denn die oberste Leitung in einem Bundesligaverein? Normalerweise sollte das der Präsident sein, aber was ist mit dem Trainer? Wessen Wort hat mehr Gewicht? Was ist, wenn der Trainer ein gottgleicher Super-Trainer ist? Lässt der sich dann auch noch vom Manager reinreden? Was ist, wenn über, hinter und neben dem Vereinspräsidenten ein starker Sponsor oder Mäzen steht, auf dessen Gelder der Verein unbedingt angewiesen ist? Was passiert, wenn sich in sportliche Entscheidungen Personen einmischen, die vom Sport eigentlich nichts verstehen? All diese Probleme konnten wir im Bundesliga-Fußball dieser Saison beobachten. Der Schluss aus Sicht des QM-Managements lautet: Es kommt auf die Führung an, deshalb muss zunächst klar sein, wer genau die Führung ist und wer genau welche Position mit welchen Zuständigkeiten besetzt.

Vereinsmanagement ist kein Sport

Im Fußball treffen zwei Prinzipien aufeinander, die sonst eigentlich getrennt sind. Auf dem Platz findet der Sport statt. Hier gelten die Regeln des reinen Leistungsprinzips. Wer gerade stark spielt, bekommt den größten Respekt. Wer eine schwache Vorstellung abliefert, wird ausgewechselt. Das kann aufgrund von Verletzungen oder körperlichen Besonderheiten sehr schnell gehen. Auch Glück spielt auf dem Rasen eine große Rolle. In der Vereinsführung jedoch gelten andere Prinzipien. Hier wird der Manager nicht ausgewechselt, weil er eine Grippe hat. Hier feuert man nicht den Trainer, weil das letzte Spiel knapp mit 0:1 verloren wurde. Hier überstimmt nicht der Sponsor aus der Bankenwelt den sportlichen Leiter in sportlichen Fragen. Für das Management eines Bundesliga-Vereins gelten die Regeln, die für das Management aller anderen Organisationen auch gelten. Das Problem beim Fußball ist nun aber, dass sich oft die puren Leistungsregeln der Spieler auch auf das Management übertragen. Und dieses Phänomen führt zu dem bekannten Chaos. Auf dem Platz muss daher ein anderes Prinzip gelten als in der Vereinsführung. Wenn das klar begriffen wird, kann auch in sehr hektischen Zeiten ein Bundesligaverein ruhig und souverän geführt werden. Wir werden in dieser Saison noch an vier Spieltagen deutlich sehen können, wo es hakt und was viel besser gemacht werden kann: Es kommt auf die Führung an. Es muss deshalb klar sein, wer die Führung ist und wer wofür zuständig ist. Und für das Management eines Vereins müssen ganz andere Regeln gelten als für die Spieler auf dem Platz.

 

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