Den Begriff NLP muss man heute wohl nicht mehr groß
erklären, steht die Methodik doch ganz vorne in den Regalen des bunten
Coaching-Supermarktes. Die vielen NLP-Anbeter glauben, dass in jedem Menschen
bereits alles steckt, was er für seine Veränderungen braucht. Jeder Chef
verfügt also auch über alle nötigen Fähigkeiten für eine optimale
Mitarbeiterführung, im NLP-Führungskräfte-Seminar müssen diese nur zutage
gefördert werden. Und zwar ohne dass die Kursteilnehmer sich in die unbekannten
Tiefen ihres Seelenlebens oder auf das Level wissenschaftlicher Erkenntnis
hinab begeben. Mit ein paar simplen Techniken schaffen es die NLPler, mit sich
selbst und anderen besser klar zu kommen. NLP nimmt sich eben das ‚Psycho‘ heraus
und lässt den ‚Logos‘ weg, dadurch kann Coaching ohne jegliche Anstrengung propagiert
werden.
Psychotechniken ohne –logie
Die Techniken des NLP beziehen sich zwar auf
wissenschaftliche Vorbilder, bisher konnte aber noch keine Studie einen
Nachweis über deren Wirksamkeit erbringen. Das sogenannte Ankern soll
beispielsweise auf der klassischen Konditionierungskette basieren, die auf den
russischen Nobelpreisträger Pawlow zurückgeht. Bei dieser Technik werden
Gefühle oder Verhaltensweisen an einer bestimmten Körperstelle verankert. Das
Gewünschte kann dann jederzeit quasi ‚auf Knopfdruck‘ an dieser Stelle wieder
ausgelöste werden. Es ist genau diese Einfachheit, die der NLPler liebt. In eben
dieser ‚Friede-Freude-Eierkuchen‘-Manier soll auch das Reframing funktionieren.
Alles, was irgendwie negativ erscheint, wird in positiver Weise reframed, also
nach dem Motto ‚Das Glas ist immer halbvoll, niemals halbleer‘ einfach in die
Gegenrichtung umgekehrt. Wer ausgelacht wird, sagt sich einfach: Lachende
Menschen sind gut gelaunt. Und schon ist alles wieder in bester Butter. Ist das
nicht herrlich? Wenn man´s glaubt …
Die Sache mit der Kommunikation
NLP wird oft als Werkzeugkoffer für
Kommunikation beschrieben. Vor allem in den Seminaren für Führungskräfte packt
der Coach seine Kommunikationswerkzeuge aus und bringt den Führenden die fünf
Repräsentationssysteme näher, die laut NLP-Bibel im zwischenmenschlichen
Miteinander benutzt werden können. Der Chef soll künftig darauf achten, ob sein
Mitarbeiter visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch oder doch eher
gustatorisch gestrickt ist, und sich bei der Kommunikation mit ihm auf die
gleiche Ebene begeben. Es hat sich jedoch gezeigt, dass das Bemühen um eine
bestimmte Art des Sprechens auf den Gesprächspartner wenig authentisch wirkt, was
naturgemäß nicht gerade zu einer besseren Kommunikation beiträgt. Ob die
lustigen Übungen, die der Coach mit seinen Führungskräften im NLP-Kurs praktiziert,
wirklich etwas bringen, ist also nicht nachgewiesen. Zwar haben die Begründer
Bandler und Grinder viele angeblich allgemeingültige Behauptungen aufgestellt,
durch wissenschaftliches Datenmaterial haben sie ihre Thesen aber nicht
gestützt. So kommt es, dass sogar einschlägige Sektenspezialisten sich mit dem
Thema NLP beschäftigen und der Frage nachgehen, ob die Methodik auch gefährlich
sein könnte.
Auf http://www.sektenwatch.de/drupal/sites/default/files/files/nlp_neurolinguistisches_programmieren.pdf kommt Dr. Christoph Bördlein jedoch zu dem Fazit, dass es Schlimmeres gibt. Seine Kritik richtet sich vor allem gegen den esoterischen Aspekt des NLP. Wenn dieser auch von den Befürwortern vehement zurückgewiesen wird, ist Bördlein dennoch in der Forschungsdatenbank der Plattform www.nlp.de fündig geworden. Dort findet man beispielsweise einen Bericht von L. Bull aus dem Jahr 2007, der ein ganzes NLP-Behandlungspaket mit der Sonnenblumentherapie verbindet. Friede, Freude, Sonnenblumen.
Auf http://www.sektenwatch.de/drupal/sites/default/files/files/nlp_neurolinguistisches_programmieren.pdf kommt Dr. Christoph Bördlein jedoch zu dem Fazit, dass es Schlimmeres gibt. Seine Kritik richtet sich vor allem gegen den esoterischen Aspekt des NLP. Wenn dieser auch von den Befürwortern vehement zurückgewiesen wird, ist Bördlein dennoch in der Forschungsdatenbank der Plattform www.nlp.de fündig geworden. Dort findet man beispielsweise einen Bericht von L. Bull aus dem Jahr 2007, der ein ganzes NLP-Behandlungspaket mit der Sonnenblumentherapie verbindet. Friede, Freude, Sonnenblumen.
Alles und nichts
NLP kann
alles und nichts sein, es wird als Allheilmittel angepriesen, kann für oder
gegen alles eingesetzt werden und ist doch zu nichts nutze. Dr. Bördlein
bezeichnet NLP denn auch als eine Karikatur von Psychologie. Zustimmen würde da
vermutlich der Psychologie-Professor Helmut Lukesch, der ebenfalls den
esoterischen Charakter von NLP kritisiert. Seiner Meinung nach ist die Methodik
nicht wissenschaftlich fundiert und Lukesch ist alarmiert, weil deutsche Schulen
trotzdem unkritisch auf NLP-Praktiken zurückgreifen. Sogar das Bayerische
Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat sich den
Befürchtungen des Professors angeschlossen und sich von NLP öffentlich
distanziert. Das hält aber viele Unternehmen nicht davon ab, für ihre
Führungskräfte kostspielige NLP-Seminare zu buchen. Wahrscheinlich liegt das an
der von NLP tief infiltrierten Coaching-Landschaft, die Kurse zu allen
möglichen Themen und mit allen nur erdenklichen Zielen bereithält. Nicht immer
erschließt sich der NLP-Inhalt sofort aus der Beschreibung.
Warum?
Die Frage ‚Warum?‘ drängt sich angesichts dieser Tatsachen
förmlich auf. Warum ist das Angebot im Coaching-Discounter nur so gespickt mit
NLP-Angeboten quasi zum Nulltarif? Wobei sich das Sonderangebot freilich
weniger auf den Preis als auf den Inhalt bezieht. So einfach kommt man schließlich
sonst nirgends an Führungsqualitäten. Da zahlt man doch gerne ein Vielfaches
des Discounterpreises. Bekommen wird man dafür allerdings höchstens eine
Discounterleistung. Warum nur glauben die kommunikationsdefizitären
Führungskräfte von heute tatsächlich, dass man durch das Drücken auf einen
bestimmten Triggerpunkt am eigenen Körper die gesamte Unternehmenskommunikation
revolutionieren kann? Vielleicht weil es einfach so schön wäre, wenn das wirklich
ginge? Und warum bezahlen Unternehmen horrende Preise für Seminare, in denen
ihre Führungskräfte lernen, dass ein Glas halbvoll ist? Diese Frage sollte man
sich vielleicht tatsächlich einmal stellen.
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