Mittwoch, 25. Oktober 2017

Leasing - Die Zweite




Leasing - Die Zweite

Ein Lehrstück in Sachen Reklamationsmanagement
Oder: Wie man eine total verkorkste Leasing-Rückgabe in eine dauerhaft erfolgreiche Kundenbeziehung umwandeln könnte

Bad Beginning – Happy End
Die Ausgangslage war ja denkbar schlecht. Sie erinnern sich vielleicht. Ein ordnungsgemäß zurückgegebenes Leasingfahrzeug stand vier Wochen lang auf dem Parkplatz des Autohauses herum und erlitt in dieser Zeit einen Hagelschaden. Dieser tauchte dann prompt als Kostenfaktor in der Abrechnung auf. Kein Wunder, dass die Frau Kundin wutentbrannt den Herrn Autoverkäufer anrief. Hier nun eine Version der Geschichte, wie sie mit wirklich gut geschultem Personal hätte laufen können.

Die Bearbeitung der zweifellos berechtigten Reklamation dient als anschauliches Beispiel für die Chancen solcher Begebenheiten. Denn jeder Fehler beinhaltet die Gelegenheit zur Pflege der Kundenbeziehung. Wie im wahren Leben auch. Oder speisen Sie Ihren Lebenspartner mit leeren Floskeln ab, wenn es Probleme gibt? Nicht, wenn Sie an einer lebendigen, gut funktionierenden Beziehung interessiert sind. Eigentlich logisch. Dass wir bei auftauchenden Problemen mit Verständnis reagieren sollten, sagt uns schon der gesunde Menschenverstand. Und unser Bauchgefühl. In Kundenbeziehungen funktioniert das nicht anders, schließlich geht es auch hier um Zwischenmenschliches. Es sei denn, gesunder Menschenverstand und Bauchgefühl wurden den Mitarbeitern in sündhaft teuren Seminaren abtrainiert.

Der Herr Autoverkäufer unserer Geschichte hatte glücklicherweise nie solche Seminare besucht. Er war bestens geschult und durfte bei der Entgegennahme von Reklamationen mit menschlicher Logik und Bauchgefühl reagieren. So kam er auch sehr authentisch rüber, als er der Frau Kundin sein Verständnis für ihren Ärger signalisierte. Und sie fühlte sich von Anfang an mit ihrer Reklamation bei ihm gut aufgehoben. Wie schön.

Was genau ist passiert?
Das war eine der ersten Fragen, die der Herr Autoverkäufer der Frau Kundin stellte. Denn er wollte erst einmal die Fakten sammeln, um die Geschichte beurteilen zu können. Als er die Abläufe aus der Sicht der Frau Kundin kannte, checkte er die Aktenlage. Zwar ärgerte er sich auch persönlich sehr über den Vorfall, hatte aber gelernt, die Bearbeitung jeder Reklamation als Herausforderung anzusehen. Er wusste, dass der Anruf der Frau Kundin eine rare Gelegenheit war, die Kundenbindung zu festigen oder sogar zu optimieren. Im Tagesgeschäft, wenn alles glatt läuft, hat man als Verkäufer solche Möglichkeiten ja nur sehr bedingt. Auch die besten Angebote, die man seinen Kunden macht, wiegen nicht die serviceorientierte Abwicklung einer Reklamation auf. Da fängt es nämlich an zu menscheln, und immer dann, wenn Gefühle ins Spiel kommen, kann man diese auch geschickt für seine Zwecke nutzen. Den verständlichen Ärger der Frau Kundin, der am Beginn dieser Geschichte stand, wollte der Herr Autoverkäufer nun in ein Gefühl der Wertschätzung umwandeln. Dann würde auch er sich am Ende besser fühlen. Wie erfreulich.

Kommunikation ist alles
Im Reklamationsmanagement ist zumindest ohne Kommunikation alles nichts. Kommunikation ist die Voraussetzung dafür, dass der für die Reklamation zuständige Mitarbeiter zunächst einmal versteht, worum es überhaupt geht. Deshalb gehört zur Kommunikation unbedingt das aufmerksame Zuhören. Denn wie soll ein Mensch sich wertgeschätzt fühlen, wenn man ihm nicht richtig zuhört? Gar nicht, und durch die Missachtung seines Ärger wächst der Unmut dann nur noch weiter an. Unschön.

Wenn ein Kunde sich mit einer Reklamation an seinen zuständigen Ansprechpartner wendet, hat er natürlich gewisse Erwartungen. Das fängt schon mal damit an, dass der Ansprechpartner sich auch wirklich zuständig fühlt. Dem Kunden also signalisiert, dass er die Situation klären und dem Geschädigten tatsächlich weiterhelfen will. Diese Signale kann er nur mit der entsprechenden Kommunikation aussenden. Der Kunde ruft zwar nicht in erster Linie deshalb an, weil er getröstet werden möchte, ein bisschen verhätschelt zu werden tut aber jedem Menschen gut, wenn er sich geärgert hat. Ist die erste Wut dann verflogen, kann der geschickte Reklamationsmanager zielgerichtet mit der eigentlichen Kommunikation beginnen. Wie vortrefflich.

Faktor Mensch
Der Herr Autoverkäufer und die Frau Kundin kannten sich schon eine ganze Weile. Den langjährigen Kontakt konnte er jetzt in die Waagschale werfen und ihr auf einer menschlichen Ebene begegnen. Nachdem die Sachlage geklärt war und die Wellen des Ärgers sich geglättet hatten, versprach der Herr Autoverkäufer, sich um alles zu kümmern und die Frau Kundin auf dem Laufenden zu halten. Sie war sehr erleichtert über die Tatsache, dass sie sich nicht selbst mit der unangenehmen Angelegenheit herumschlagen musste. Schließlich warteten auf ihrem eigenen Schreibtisch ganz andere Aufgaben, die ihre Zeit in Anspruch nehmen würden. Sie bedankte sich herzlich beim Herrn Autoverkäufer und betonte, dass so etwas ja mal passieren könnte. Wie nett.

Die Frau Kundin fühlte sich entlastet und konnte nun entspannt ihrer eigenen Arbeit nachgehen. Ihrem Ärger hatte sie Luft gemacht und war auf Verständnis gestoßen. Sie war froh, dass sie ihr Auto gerade bei diesem Autohaus geleast hatte. Jetzt erinnerte sie sich an die Erzählung einer Geschäftspartnerin, die erst vor kurzem viele Probleme mit ihrer Leasinggesellschaft gehabt hatte. Die Frau Kundin machte sich sogleich eine Notiz, denn sie wollte ihr beim nächsten Treffen von ihren eigenen Erfahrungen berichten. Genauso entsteht positive Mundpropaganda. Kostenlose Werbung, die durch keine noch so hochpreisige Kampagne ersetzt werden kann. Denn Kommunikation von Mensch zu Mensch birgt das größte Webepotenzial in sich, dass es überhaupt gibt. Im Reklamationsmanagement wie in der mündlichen Botschaft, die gute Erfahrungen nach außen trägt. Mit Domino-Effekt. Wie nützlich.

Problem gelöst – Und alle sind zufrieden
Friede – Freude – Eierkuchen at its best. Der engagierte Herr Autoverkäufer schritt gleich zur Tat und rief die Leasing-Gesellschaft an. Zusammen mit der nicht weniger engagierten Frau Sachbearbeiterin fand er eine Lösung für das nicht allzu schwierige Problem. So schnell kann es im Reklamationsmanagement gehen, wenn alle konstruktiv zusammenarbeiten. Das Gespräch der beiden Problemlöser verlief in entspannter Atmosphäre, weil beide das gleiche Ziel vor Augen hatten: Eine für die Kundin zufriedenstellende Vorgehensweise zu finden. Der Fall lag klar auf der Hand und die in Reklamationssachen gut geschulten Gesprächspartner fanden schnell einen gemeinsamen Weg. Dadurch haben sie sich weitere Arbeit erspart und konnten den Fall mit einem guten Gefühl abschließen. Wie harmonisch.

Als der Herr Autoverkäufer die Nummer der Frau Kundin wählte, um diese zu informieren, dachte er kurz daran, wie solche Dinge an seinem früheren Arbeitsplatz gelöst worden waren. Damals hatte man sich solche unangenehmen Vorgänge gegenseitig zugeschoben und reklamierende Kunden möglichst abgewimmelt. Das hatte zu keiner positiven Arbeitsatmosphäre geführt, weder im Miteinander der Kollegen noch in der Kommunikation mit den Kunden. Der Herr Autoverkäufer war froh, dass er jetzt viel effizienter agieren konnte. Und überbrachte der Kundin die guten Neuigkeiten mit zufriedener Genugtuung. Wie erbaulich.

Zum guten Ende – Ein Neuvertrag
Die Frau Kundin hatte ihr Leasingfahrzeug vorzeitig abgegeben, weil sie auf Bahn und Flugzeug umsteigen wollte. Als sich dann auch noch der Ärger mit dem Hagelschaden am Horizont abgezeichnet hatte, war sie umso glücklicher mit dieser Entscheidung gewesen. Die überraschend schnelle und kulante Abwicklung ihrer Reklamation hatte die Frau Kundin allerdings nochmal ins Grübeln gebracht. Verspätete Züge und lange Wartezeiten am Flughafen standen jetzt einem sehr verlockenden Angebot ihrer Leasingfirma gegenüber.

Die Frau Kundin beschloss daraufhin, den freundlichen Herrn Autoverkäufer persönlich aufzusuchen und sich noch einmal eingehend von ihm beraten zu lassen. Daraus resultierte ein Neuvertrag, der ohne die Geschichte mit dem Hagelschaden sicher nicht zustande gekommen wäre. Alles richtig gemacht, Herr Autoverkäufer. Sie haben ihre Chance optimal genutzt. Ihr Chef wird überaus zufrieden mit Ihnen sein.

Und die Moral von der Geschicht: Freuen Sie sich über jede Reklamation. Machen Sie was draus!

Tja, so tagträumte die Frau Kundin vor sich hin – und wurde jäh durch das plötzliche Klingeln des Telefons aus ihren Visionen von einem gelungenen Reklamationsmanagement gerissen. Dran war die jetzt zuständige Mitarbeiterin der XY-Leasing, an die die reale Frau Sachbearbeiterin den Vorgang inzwischen weitergeschoben hatte. Lapidar teilte sie der Frau Kundin mit, dass die Firma nicht bereit sei, den Hagelschaden zu übernehmen. Dann sehen wir uns eben vor Gericht, antwortete da die Frau Kundin nicht weniger lapidar. Ihrer Illusionen beraubt dachte sie an ihre nächste Geschäftsreise mit der Bahn. Und freute sich schon jetzt darauf, ihren Mitreisenden brühwarm zu berichten, was die XY-Leasing für ein Saftladen ist.

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