Fehler sind menschlich und passieren
daher in jedem Unternehmen tagtäglich. Die einen bleiben unbemerkt, die anderen
ziehen ungeahnte Konsequenzen nach sich. Das Hauptproblem allerdings, sind
heutzutage nicht die Fehler selbst, sondern der falsche oder häufig gänzlich
fehlende Umgang mit ihnen. Der Schrei nach einer besseren Fehlerkultur in
deutschen Unternehmen wird immer lauter.
Wie sieht modernes Fehlermanagement
aus?
Derzeit scheint die allgemeine Devise
zu lauten: Je härter die Sanktionen, desto mehr werden die Mitarbeiter darauf
achten, keine Fehler mehr zu machen. Die Fehlertoleranz befindet sich auf einem
Minimum. Ein wirksames Mittel, schließlich scheint es zu funktionieren: Je mehr
Angst die Menschen davor haben, einen Fehler zu machen, desto sorgfältiger
arbeiten sie. Es gibt aber auch eine zweite Seite der Medaille: Je mehr
Menschen unter Druck geraten, keine Fehler machen zu dürfen, desto
verkrampfter, ängstlicher und häufig auch ineffizienter arbeiten sie. Jeder
Vorgang, jede Aufgabe, jeder Prozess werden wieder und wieder überprüft, das
Vertrauen in sich selbst, die Routine und das eigene Know-How sinken, die Risikovermeidung
rückt auf der Prioritätenliste auf den ersten Platz. Eine exzessive Fehlervermeidung führt zu
einer deutlichen Reduktion der Arbeitseffizienz. Die Mitarbeiter sind
ängstlich, zeigen weniger Eigeninitiative und verkrampfen sich. Was daraus entsteht?
Neue Fehler, und zwar Fehler, welche ohne die hohen Sanktionen nicht entstanden
wären. Eine Fehlerquote von Null ist und bleibt daher reine Fiktion. Wäre es
dann nicht besser, einmal über eine anderes, innovativeres Fehlermanagement
nachzudenken? Eine Fehlerkultur, in welcher sich die Mitarbeiter entfalten
können, und die Effizienz sowie
Eigeninitiative hervorbringt?
Hängen Sanktionen und Fehlerquote
überhaupt zusammen?
Viele Psychologen bestreiten zudem,
dass strenge Sanktionen überhaupt für eine sinkende Fehlerrate im Unternehmen
verantwortlich sind. Zwar würden nach der Bestrafung tatsächlich die
Fehlerzahlen sinken, dies täten sie aber auch ohne die Zurechtweisung. Der
Grund hierfür liegt tief im menschlichen Inneren verborgen: Menschen machen ungern
Fehler, denn dies nagt am Selbstbewusstsein. Der Minderwertigkeitskomplex
allein ist deshalb dafür verantwortlich, dass sich ein Fehler statistisch
gesehen kurze Zeit später nicht mehr wiederholt. Auch dann nicht, wenn keine
Sanktion damit einher ging.
Ein Umdenken ist notwendig
Das Denken, Sanktionen würden Fehler
verhindern, ist daher grundlegend falsch. Mit ihm gehen nämlich selbst einige
grundlegende (Denk-) Fehler einher:
•
Eine
Sanktion greift erst, nachdem ein Fehler bereits passiert ist, kann diesen also
nicht verhindern.
•
Die
Angst vor Sanktionen führt dazu, dass Fehler möglichst vertuscht werden.
•
Dadurch
verhindern sie ein effizientes Fehlermanagement sowie die Analyse zahlreicher
unbekannter, da vertuschter Fehler.
Anstatt die Fehler zu sanktionieren,
sollte daher eine offene Fehlerkultur herrschen. Wer keine Angst mehr davor hat
Fehler zu machen wird diese eher offenlegen, wodurch sie besser bearbeitet und
zukünftig verhindert werden können. Zugleich ist aber nicht davon auszugehen,
dass die Menschen dann keine Sorgfalt mehr hinsichtlich der Fehlervermeidung
walten lassen, dafür sorgen schließlich die tief verwurzelten
Minderwertigkeitskomplexe, wie der Individualpsychologe Rudolf Dreikurs
schrieb.
Wie könnte die Fehlerkultur der
Zukunft aussehen?
Anstatt durch Sanktionen und
Schuldzuweisungen die Vertuschung von Fehlern zu erwirken, sollten in einer
zukunftsorientierten Fehlerkultur Fehler toleriert, offen gelegt, analysiert
und so effizient vermieden werden. Eine Herausforderung, ja, aber durchaus
machbar: Hoch entwickelte Fehlerkulturen, wie beispielsweise im neuen Toyota
Production System, bauen auf der Idee auf, dass Fehler zwar unerwünscht,
gleichzeitig aber auch unvermeidlich sind. Null Toleranz und Sanktionen gibt es
hier für die Fehlervertuschung anstatt für den Fehler selbst. So werden die
Mehrkosten, welche ohnehin durch Fehler im Unternehmen entstehen, zum
Gemeinwohl eingesetzt, indem alle Mitarbeiter des Unternehmens daraus lernen
können. Hinzu kommt ein großer finanzieller Vorteil: Studien belegen nämlich,
dass die Fehlerbehebung kostengünstiger ist, je früher ein Fehler erkannt wird.
Eine zukünftige Fehlerkultur muss daher
1. Fehler frühzeitig offenlegen,
2. sachlich analysieren,
3. Ursachenforschung betreiben und
4. diese Ursachen zukünftig beseitigen.
„Wenn wir unsere Fehler ohne die
Furcht, 'Status zu verlieren', hinnehmen könnten, wären wir besserer Leistungen
fähig, würden sogar faktisch weniger Fehler begehen", so schrieb Dreikurs bereits im Jahr
1971. Rund 45 Jahre später wäre es nun dringend an der Zeit zu handeln...
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