Montag, 17. November 2014

Sörwiss ? Was soll das denn bitte sein? Eine Geschichte in 3 Teilen...





Wenn ein Kunde auf der Service-Hotline eines Unternehmens antelefoniert, meint er oftmals genau diese Gedanken aus den Antworten des mehr oder weniger freundlichen Service-Mitarbeiters herauszuhören: Sörwiss? Hä? Hab ich ja noch nie was von gehört! Und das alles nach mindestens einer halben Stunde musikalisch-nerviger Wartezeit mit den immer gleichen Ansagen: Bitte gedulden Sie sich noch einen Moment. Oder so ähnlich. Aber warum eigentlich soll der Kunde sich auch noch gedulden, wenn das Unternehmen sowieso schon Mist gebaut hat, so dass er von sich aus nachhaken und reklamieren muss? Sörwiss-Wüste kann man da nur antworten.

Nerventerror anstatt Service
Ein Kunde hat ein Anliegen. Mit diesem mehr oder weniger ernstzunehmenden Anliegen möchte er sich an das Unternehmen wenden. Egal wie lächerlich sein Anliegen auch erscheinen mag, das Unternehmen sollte ihn damit immer ernst nehmen. In dem Bewusstsein, dass es die Kunden sind, die jeden Monat für die pünktliche Überweisung der Lohnzahlungen sorgen. Stattdessen wird der Kunde zunächst mal in die Warteschleife geschickt. Wenn er sich bis dahin noch nicht über das Unternehmen geärgert hatte, fängt er spätestens in diesem Moment damit an. Je länger man ihm für seinen Ärger Zeit lässt, desto mehr staut sich natürlich bei ihm an. Das meist wenig unterhaltsame Gedudel in der Warteschleife, das nur ab und zu durch eine Stimme unterbrochen wird, die ihm immer noch mehr Geduld abverlangt, trägt zur Stauung einiges bei. Wenn dann endlich ein Service-Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung auftaucht, muss der Kunde sich wahrscheinlich erst mal Luft machen. 

Je pampiger dieser Mitarbeiter darauf reagiert, desto mehr Ärger wird dem sich füllenden Staudamm noch zugeführt. Wenn der Kunde großes Glück hat, wird er seine Geschichte gleich beim ersten Gesprächspartner los, meist wird er jedoch nach Angabe seiner Kundennummer und allerhöchstens der halben Geschichte weiter verbunden. Großes Glück, wenn der Kunde jetzt schon beim tatsächlich zuständigen Mitarbeiter landet. Ansonsten muss er seine Kundennummer noch drei bis fünf Mal angeben und seine Geschichte in verschiedener Ausführlichkeit genauso oft nochmal erzählen. Wenn er dann schließlich nach gefühlten zwei Stunden bei einem Mitarbeiter landet, der Hoffnung auf Hilfe verspricht, ist der Staudamm bis zum Anschlag gefüllt. Jetzt reicht ein einziger Tropfen, um den angestauten Ärger zum Überlaufen und die Wut des Kunden zum Ausbruch zu bringen. Eine ganz typische Service-Geschichte, die täglich tausendfach passiert. Das Unternehmen kann nur hoffen, dass der Kunde trotzdem treu bleibt, weil er woanders auch nichts Besseres zu erwarten hat. Ist das nicht der Fall, macht man es dem serviceorientierteren Konkurrenten allzu leicht, die eigenen Kunden abzuwerben.

No Client – No Company
Diese Erkenntnis sollte nicht erst kommen, wenn man tatsächlich schon beinahe kundenlos dasteht. Warum eigentlich sollte man nicht jedes Anliegen des Kunden von vorne herein ernst nehmen? Schließlich ist doch die Kundenzufriedenheit das höchste Gut eines Unternehmens. Und die Unzufriedenheit eines einzigen Kunden kann sich durch Kommunikation bedrohlich fortpflanzen. Das gilt vor allem für regional orientierte Unternehmen. Warum also sollte es so schwierig sein, dem Kunden wohlwollend gegenüberzutreten? Schließlich erwartet ja auch jeder normale Mensch eine freundliche Behandlung an der Fleischtheke im Supermarkt, selbst wenn mal etwas nicht so läuft, wie es sollte. 

Da setzt auch der Callcenter-Mitarbeiter das Recht auf Reklamation voraus. Warum also sollte das in der Service-Hotline anders sein? Fühlen sich nicht beide Gesprächspartner nach einem angenehmen Gespräch besser als nach dem Austausch von Unfreundlichkeiten? Doch! Also, warum ruft man als Service-Mitarbeiter nicht so in den Wald hinein, wie man erwartet, dass es wieder herauskommt? Natürlich weil der Chef nicht die entsprechenden Anweisungen gegeben hat. Weil dieser die Bedeutung von Kundenzufriedenheit nicht zu kennen scheint oder nicht in der Lage ist, für klare Kommunikation  zu sorgen, wenn mal nicht alles glatt läuft. Eine Reklamation ist keine Katastrophe und auch keine Belästigung durch den Kunden, sondern eine Chance auf seine Zufriedenstellung.

CRM – Der Rufer in der Wüste
Fast jedes Unternehmen nützt heutzutage ein CRM-System. Wenn man den üblichen Umgang mit diesen hocheffizienten Programmen überhaupt so nennen kann. Denn oft wird das Potential solcher Datenbanken eben gerade nicht genutzt, um den Kundenservice zu optimieren. Warum muss ein Kunde seine Angaben fünffach machen, wenn sie doch im unternehmensinternen Computersystem gespeichert sind? Eben weil ein vorhandenes CRM nicht optimal genutzt wird.  Und weil der Telefonkontakt mit dem Kunden nicht als Visitenkarte des Unternehmens begriffen wird, mit der man völlig gratis für sich und seinen hervorragenden Service werben kann. Die ureigenste Aufgabe eines Mitarbeiters am Telefon sollte doch eigentlich das Zuhören sein. Wenn der anrufende Kunde sich  mit seinem Anliegen ernst genommen fühlt und gleich beim ersten Ansprechpartner das Gefühl vermittelt bekommt, man wolle und werde ihm helfen, ist das Problem schon so gut wie gelöst. Warum verzichten Unternehmen auf diese sich von selbst verstehende Banalität und nehmen stattdessen negative Mundpropaganda in Kauf? Service Excellence fängt im Kleinen an und ist auch gar nicht so schwer. Zu schwer für Ihr Unternehmen?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Empfohlener Beitrag

„Völlig Wahnsinnig“: Kundenservice umgekehrt

Verfolgt man die Presselandschaft seit dem Beginn der neuen Zeitrechnung namens „Diesel-Skandal“, dann kommt man unweigerlich zu zwei k...