Wenn ein Kunde auf der Service-Hotline eines Unternehmens
antelefoniert, meint er oftmals genau diese Gedanken aus den Antworten des mehr
oder weniger freundlichen Service-Mitarbeiters herauszuhören: Sörwiss? Hä? Hab
ich ja noch nie was von gehört! Und das alles nach mindestens einer halben
Stunde musikalisch-nerviger Wartezeit mit den immer gleichen Ansagen: Bitte
gedulden Sie sich noch einen Moment. Oder so ähnlich. Aber warum eigentlich
soll der Kunde sich auch noch gedulden, wenn das Unternehmen sowieso schon Mist
gebaut hat, so dass er von sich aus nachhaken und reklamieren muss?
Sörwiss-Wüste kann man da nur antworten.
Nerventerror anstatt Service
Ein Kunde hat ein
Anliegen. Mit diesem mehr oder weniger ernstzunehmenden Anliegen möchte er sich
an das Unternehmen wenden. Egal wie lächerlich sein Anliegen auch erscheinen
mag, das Unternehmen sollte ihn damit immer ernst nehmen. In dem Bewusstsein,
dass es die Kunden sind, die jeden Monat für die pünktliche Überweisung der
Lohnzahlungen sorgen. Stattdessen wird der Kunde zunächst mal in die
Warteschleife geschickt. Wenn er sich bis dahin noch nicht über das Unternehmen
geärgert hatte, fängt er spätestens in diesem Moment damit an. Je länger man
ihm für seinen Ärger Zeit lässt, desto mehr staut sich natürlich bei ihm an.
Das meist wenig unterhaltsame Gedudel in der Warteschleife, das nur ab und zu
durch eine Stimme unterbrochen wird, die ihm immer noch mehr Geduld abverlangt,
trägt zur Stauung einiges bei. Wenn dann endlich ein Service-Mitarbeiter am
anderen Ende der Leitung auftaucht, muss der Kunde sich wahrscheinlich erst mal
Luft machen.
Je pampiger dieser Mitarbeiter darauf reagiert, desto mehr Ärger
wird dem sich füllenden Staudamm noch zugeführt. Wenn der Kunde großes Glück
hat, wird er seine Geschichte gleich beim ersten Gesprächspartner los, meist
wird er jedoch nach Angabe seiner Kundennummer und allerhöchstens der halben
Geschichte weiter verbunden. Großes Glück, wenn der Kunde jetzt schon beim
tatsächlich zuständigen Mitarbeiter landet. Ansonsten muss er seine
Kundennummer noch drei bis fünf Mal angeben und seine Geschichte in
verschiedener Ausführlichkeit genauso oft nochmal erzählen. Wenn er dann
schließlich nach gefühlten zwei Stunden bei einem Mitarbeiter landet, der
Hoffnung auf Hilfe verspricht, ist der Staudamm bis zum Anschlag gefüllt. Jetzt
reicht ein einziger Tropfen, um den angestauten Ärger zum Überlaufen und die
Wut des Kunden zum Ausbruch zu bringen. Eine ganz typische Service-Geschichte,
die täglich tausendfach passiert. Das Unternehmen kann nur hoffen, dass der
Kunde trotzdem treu bleibt, weil er woanders auch nichts Besseres zu erwarten
hat. Ist das nicht der Fall, macht man es dem serviceorientierteren
Konkurrenten allzu leicht, die eigenen Kunden abzuwerben.
No Client – No Company
Diese Erkenntnis
sollte nicht erst kommen, wenn man tatsächlich schon beinahe kundenlos dasteht.
Warum eigentlich sollte man nicht jedes Anliegen des Kunden von vorne herein ernst
nehmen? Schließlich ist doch die Kundenzufriedenheit das höchste Gut eines
Unternehmens. Und die Unzufriedenheit eines einzigen Kunden kann sich durch
Kommunikation bedrohlich fortpflanzen. Das gilt vor allem für regional
orientierte Unternehmen. Warum also sollte es so schwierig sein, dem Kunden
wohlwollend gegenüberzutreten? Schließlich erwartet ja auch jeder normale Mensch
eine freundliche Behandlung an der Fleischtheke im Supermarkt, selbst wenn mal
etwas nicht so läuft, wie es sollte.
Da setzt auch der Callcenter-Mitarbeiter
das Recht auf Reklamation voraus. Warum also sollte das in der Service-Hotline
anders sein? Fühlen sich nicht beide Gesprächspartner nach einem angenehmen
Gespräch besser als nach dem Austausch von Unfreundlichkeiten? Doch! Also,
warum ruft man als Service-Mitarbeiter nicht so in den Wald hinein, wie man
erwartet, dass es wieder herauskommt? Natürlich weil der Chef nicht die
entsprechenden Anweisungen gegeben hat. Weil dieser die Bedeutung von
Kundenzufriedenheit nicht zu kennen scheint oder nicht in der Lage ist, für
klare Kommunikation zu sorgen, wenn mal
nicht alles glatt läuft. Eine Reklamation ist keine Katastrophe und auch keine
Belästigung durch den Kunden, sondern eine Chance auf seine Zufriedenstellung.
CRM – Der Rufer in der Wüste
Fast jedes Unternehmen nützt heutzutage ein CRM-System. Wenn
man den üblichen Umgang mit diesen hocheffizienten Programmen überhaupt so
nennen kann. Denn oft wird das Potential solcher Datenbanken eben gerade nicht
genutzt, um den Kundenservice zu optimieren. Warum muss ein Kunde seine Angaben
fünffach machen, wenn sie doch im unternehmensinternen Computersystem
gespeichert sind? Eben weil ein vorhandenes CRM nicht optimal genutzt
wird. Und weil der Telefonkontakt mit
dem Kunden nicht als Visitenkarte des Unternehmens begriffen wird, mit der man
völlig gratis für sich und seinen hervorragenden Service werben kann. Die
ureigenste Aufgabe eines Mitarbeiters am Telefon sollte doch eigentlich das
Zuhören sein. Wenn der anrufende Kunde sich
mit seinem Anliegen ernst genommen fühlt und gleich beim ersten
Ansprechpartner das Gefühl vermittelt bekommt, man wolle und werde ihm helfen,
ist das Problem schon so gut wie gelöst. Warum verzichten Unternehmen auf diese
sich von selbst verstehende Banalität und nehmen stattdessen negative
Mundpropaganda in Kauf? Service Excellence fängt im Kleinen an und ist auch gar
nicht so schwer. Zu schwer für Ihr Unternehmen?
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