Donnerstag, 18. September 2014

Industrie 4.0: Industrieller Upgrade durch Investitionen




Industrie 4.0 mag zwar momentan ein angesagtes "Wort" sein, doch über den Status "Kunstbegriff" scheint die nahende industrielle Revolution bei vielen Unternehmen noch nicht hinausgewachsen zu sein. Zu verwirrend sind die Konnotationen, die um Industrie 4.0 herumschwirren: Big Data und Cloud Computing, Cyber-Physical-Systems (CPS) und RFID, Internet der Dinge und Machine-to-Machine-Kommunikation. Das verwundert andererseits und aufgrund fehlender Definitionen für Standards in diesem Bereich nicht. Eindeutigkeit fehlt - und das zeigt sich auch in der Tatsache, dass nur 35% der größeren Fertigungsunternehmen und  nur 21% kleinerer Fertiger dem Begriff Industrie 4.0 etwas Konkretes zuordnen können. Bei den Unternehmen der High-Tech-Industrie sind es immerhin 47% , während es bei Prozessfertigern  22% sind.

Dies und anderes ergab zumindest die Studie "Industrie 4.0 Upgrade des Industriestandorts Deutschland steht bevor" von Deutsche Bank Research. Weitere Kernaussagen finden sich beispielsweise darin, dass die neue industrielle Revolution gerade in Deutschland als unangefochtener "Wertschöpfungs-Europameister" und Heimat zahlreicher Hidden Champions gerade prädestiniert dazu ist, die Dynamik von Industrie 4.0 aufzunehmen und die darin verborgenen  Potenziale zu bergen und dazu zu nutzen, die industrielle Weiterentwicklung noch nachhaltiger im Zeitalter von Smart Factory und mit- und vorausdenkenden Maschinen zu verankern.


Große Visionen, kleine Unternehmen und gigantischer Hype
Auch wenn Industrie 4.0 momentan eher noch ein Thema für die großen Unternehmen ist, würden auch kleine und mittlere Unternehmen vom der durch sinnvolle Automatisierung zu erwartende durch Effizienzsteigerung profitieren. Das Probleme dabei: Die schemenhafte Definition des Begriffs, der große Hype und die damit verbundenen Erwartungen, die sich wiederum mit Unklarheiten paaren. Fest scheint zu stehen, dass Industrie 4.0 ein interdisziplinären Ansatz ist, sollen hier doch Maschinen mit anderen (unterschiedlichen) Maschinen und der entsprechenden Software sprechen. Hinzu kommt der "Faktor" Mitarbeiter. Der soll sich nicht nur mit den Maschinen, sondern auch mit Mitarbeitern anderer Abteilungen und Disziplinen abstimmen - in der Smart Factory und während der Smart Production.

Wessen Wort da mehr wiegt, steht letztlich noch nicht fest. In jedem Fall sollen Ressourcen und Produkte miteinander sprechen und die Produkte selbst "wissen", woher sie kommen, wohin sie gehören und wo es noch mehr von ihnen gibt. Dieses Wissen geben sie unmittelbar in den jeweiligen Fertigungsprozess ein und bereichern damit auch die notwendige Dokumentation. Am Ende soll es damit praktisch allen Unternehmen möglich sein, alle für die Herstellungsprozesse notwendigen Daten ohne Medienbrüche nutzen zu können - an jedem Standort und in Real-Time. So können individuelle Kundenwünsche ohne Zeitverlust und kostengünstig umgesetzt, Prozesse noch dynamischer gestaltet und die Time to Market (TTM) signifikant verkürzt werden. Alleine dieses Szenario der intelligenten Infrastruktur beinhaltet bereits zahlreiche USP im Sinne exzellenten Service.


Kosten und Nutzen der neuen Wertschöpfung
Am Ende dieser neuen Wertschöpfungskette steht Effizienz und Ersparnis, am Anfang jedoch sind die Kosten - für externe Beratungen und Schulungen, ebenso wie für die notwendige  Hardware und Software. So muss der Wandel in jeder Ebene vollzogen werden, um am Ende die vertikale und horizontale Integration aller Wertschöpfungsstufen gewährleisten zu können. Nur mit diesen Investitionen werden letztlich Kosten für Kapitalbindung, Energie und auch Personal eingespart werden können. Gleichzeitig wird es möglich sein, sehr spezifische Anforderungen der Kunden hinsichtlich Design, Produktkonfiguration, Bestellung, Produktion etc. wie auch kurzfristige Änderungswünsche kostengünstig umsetzen zu können - natürlich auch bei Klein- und Kleinstmengen.

Diese Flexibilität in der Produktion und Arbeitsorganisation einzuführen, wird Investitionen notwendig machen - am Ende aber zahlt sich sie sich, so die DB-Research-Studie. Denn diese gewonnen Flexibilität, die eben auf entsprechender intelligenter Infrastruktur und gut ausgebildeten Mitarbeitern basiert, wird es Unternehmen am Ende erlauben, sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. Um am Ende all dies zu erreichen, sind jedoch noch einige Hürden zu nehmen. Die haben nicht nur die Gestalt fehlender Standards, sondern auch die von unterschiedlichen Menschen. Als Spezialisten auf ihren Gebieten und in ihren Abteilungen sprechen Maschinenbauer, Elektrotechniker und Informatiker nicht nur unterschiedliche Sprachen, sondern pflegen ihre eigenen Kulturen und "schützen" ihre Abteilungen und sich selbst potenziellem Arbeitsplatz- und Kontrollverlust oder auch vor drohenden Kompetenzbeschneidungen. Allzu menschlich also, was im Zeitalter mitdenkender Maschinen auf Unternehmen zukommt.

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