Dienstag, 4. März 2014

Sich selbst überlassen? Kundenkommunikation und Self-Services


Ein neues Buzz-Word erobert die Welt des Customer Relationship Management (CRM): Customer Experience Management (CXM). Dabei ist es nicht nur das X im Akronym, das Interesse weckt, Nein, auch die Chancen, die sich aus der neuen Definition des Kundenbeziehungsmanagements und Kundenbindungsmanagements ergeben, locken Goldgräber und andere Glücksucher an. Dabei geht es nicht darum, die "Disziplin" Customer Experience Management zu diskreditieren, sie aber dennoch mit Leben zu füllen und damit Fallgruben zu vermeiden.

Prinzipiell soll das Customer Experience Management dazu dienen, die Customer Journey entlang unterschiedlicher Touchpoints zu begleiten - mit adäquaten Mitteln und individuellem Service, der begeistert, weil er quasi vorausahnt, was Kunden wünschen. Vom allerersten Kaufimpuls hinaus bis zum eigentlichen Kauf und sogar bis hin in die Tiefen des Aftersale, kann diese Begleitung reichen. Eine Frage der eigenen Definition eben, was natürlich auch auf die eingesetzten Mittel und Medien zutrifft. Voraussetzung für all dieses ist eine funktionierende Kommunikation, bei der man als Unternehmen zuhört, auf Wünsche eingeht und über die eigenen Produkte und Dienstleistungen spricht. Nur, wie erreicht man potentielle Kunden mit seinen Sprachrohren, wenn man nicht genau weiß, ob sie einem gerade überhaupt zuhören oder ihre Augen und Ohren just in diesem Moment taub weil woanders sind?

Self-Service ja, aber nicht auf Kosten persönlicher Betreuung
Im Rahmen der Studie „Customer Self Services – Effizienz und Kundenbindung im Zeitalter der digitalen Transformation“  befragte die Managementberatung Detecon jüngst über 440 Verbraucher und 88 Unternehmen aus verschiedenen Dienstleistungsbranchen zum Thema Self-Service-Angeboten. Eine zentrale Erkenntnis vorweg: Während die Unternehmen ihren Self-Service- als gut einschätzen, sehen über 50% der Verbraucher das anders und geben den Angeboten im Schnitt und bestenfalls ein Ausreichend. Verkehrte Wahrnehmung in der Wirkungswelt? Ja, oder einfach auch ein konträres Verständnis von Kundenkommunikation.

Aber der Reihe nach: Grundsätzlich sind 78% der Kunden offen gegenüber Self Services, auch weil ihnen einfache/übersichtliche Services (85%), Sicherheit und Datenschutz (69%) besonders wichtig sind. Nur 3% legen besonderen Wert auf Funktionsvielfalt und ganze 2% schwören auf das Design der Self Services.  Andererseits sind es beispielsweise 86% der Energieunternehmen, die der Studie zufolge ihre Self-Services als Ausgangspunkt für positive Kundenerlebnisse sehen. Nur 26% der Kunden teilen diese Ansicht. Die zentrale Herausforderung liegt ohne Zweifel darin, den Service insgesamt so zu gestalten, dass Kunden nicht nur entscheiden können, wann sie ein Angebot annehmen, sondern auch ob es sich dabei um einen Self Service oder eben um eine persönliche Beratung handelt. Nur Unternehmen, die es schaffen, in Sachen Service immer, überall und in jeder Form ansprechbar zu sein, besitzen einen Wettbewerbsvorteil.

Komplexität verlangt einfachen und persönlichen Service
Gerade angesichts von Multichannel ist und bleibt der persönliche Service ein entscheidender Baustein. Dies gilt gerade bei erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen. Auch hier ist gekonnte Kommunikation alles. Vor allem geht darum, Kunden zu verstehen - mir Ihren Anliegen und Wünschen. Es geht aber auch um die emotionale Aufladung der Beziehung zu den Kunden. Und wie kann das besser gehen als dadurch, dass man sich ihrer Probleme persönlich annimmt?

Schließlich erzeugt Empathie Bindung - des Kunden an das Unternehmen. Die Vorstellung, immer mit demselben Call-Center-Agent sprechen zu können oder gar sein Gesicht zu kennen, muss keine Utopie bleiben. Das gilt im selben Maße für anrufende Kunden. Wie schön wäre es doch (und zugleich emotionaler "Sprengstoff" im positiven Sinne), wenn man bei seinem Telekommunikationsanbieter oder Energieversorger anrufen und sofort freundlich mit seinem Namen begrüßt würde.

Eine Variante dessen findet sich als Aufkleber auf allen Lidl-Kassen, wo steht: Wir begrüßen JEDEN Kunden. Wir sind freundlich! Auch Kaufland geht einen ähnlichen Weg und weist Kassiererinnen an, Kunde, die mit Karte zahlen, auch mit Ihrem Namen anzusprechen. Sie sehen, persönlicher Service hat viele Gesichter. Die Frage ist: Welche Konturen sollen welche Gesichtspartien nehmen und wie verhindert man, dass sich aus dem persönlichen Service-Gesicht eine Roboter-Fratze entwickelt?


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.

Empfohlener Beitrag

„Völlig Wahnsinnig“: Kundenservice umgekehrt

Verfolgt man die Presselandschaft seit dem Beginn der neuen Zeitrechnung namens „Diesel-Skandal“, dann kommt man unweigerlich zu zwei k...